Die Binger Synagogen

Judenschule-Bethaus in der Amtstraße 13

Bild: Historische Gesellschaft Bingen

Die seit dem Mittelalter bestehende kleine jüdische Gemeinde in Bingen hatte wie eine Quelle aus dem Jahr 1368 belegt, bereits eine Judenschule bzw. Bethaus.

Als Judenschule bezeichnete man im Mittelalter Synagogen, sie waren Stätte des Gebets, des Lernens und der Zusammenkunft.

Meist handelte es sich um Räume in einem Wohnhaus, die als Versammlungsort genutzt wurden. Dieses Bethaus bestand bis zum 2.Weltkrieg.

Erste Synagoge in der Rheinstraße 4

Bild: Stadtarchiv Bingen

Vermutlich entsteht im 16. Jahrhundert eine erste Synagoge in der Rheinstraße. Nachdem die Stadt Bingen im Jahr 1689 von den Franzosen stark zerstört worden war, konnte die jüdische Gemeinde erst um 1700 wieder eine Synagoge in der Rheinstraße 4 aufbauen.

Anfang des 19. Jahrhunderts befand sich diese Synagoge in einem baufälligen Zustand. Es erfolgte ein Umbau, sie wurde vergrößert, eine Frauenempore eingebaut und der Eingangsbereich verlegt und neugestaltet. Nun war die Synagoge eindeutig als sakraler Bau erkennbar.

Am 14./15. Dezember 1838 erfolgte die Einweihung. Weitere Umbauten und Erweiterungen folgten, da sich die Gemeinde rasch vergrößerte.

Ende des 19. Jahrhunderts entschied sich die jüdische Gemeinde jedoch für einen Neubau.

In der Rochusstraße wurde ein passender Platz gefunden. Der letzte Gottesdienst in der Synagoge in der Rheinstraße fand am Samstag, den 19.08.1905 statt. Danach wurde das Gebäude verkauft und in den kommenden Jahren unterschiedlich genutzt.

Als Gasthaus mit Hotelbetrieb und großem Tanzsaal und nach einem Brand 1975 und Wiederaufbau bis Ende 1987 als „Casino Royal“ (Diskothek) betrieben.

1990 erwarb die Stadt Bingen dieses Gebäude und ließ es zum Jugendhaus umbauen.

Heute erinnert noch das Rosettenfenster an die ehemalige Bedeutung des Gebäudes.

Bild: AKJB

Bild: AKJB

Synagoge in der Rochusstraße

Bild: AKJB

1903-1905 errichtete die jüdische Gemeinde die Neue Synagoge in der Rochusstraße. Der Architekt Ludwig Levy aus Karlsruhe entwarf ein Gebäude mit neoromanischen Stilelementen. Er konzipierte eine Synagoge für etwa 500 Gottesdienstbesucher mit integrierten Verwaltungsräumen, Beamtenwohnung und Schulbereich.

Man betrat die Synagoge über eine große Freitreppe, die von zwei viergeschossigen Treppentürmen flankiert war. Durch ein Doppelportal, das von einem Wimperg bekrönt wurde, über denen zwei steinerne Löwen die in Stein gehauenen Gesetzestafeln beschützten, betrat man einen Vorraum. Von diesem führten Treppen in die Seitengebäude und zur Frauenempore sowie ein Umgang zu den eigentlichen Synagogeneingängen an der Nord- und Südseite. Der tonnengewölbte Innenraum war geprägt von einem mächtigen Bogen, der den Thoraschrein und die Orgelempore rahmte. Auf der hölzernen Empore war Platz für 171 Frauen und im Hauptraum für 218 Männer.

Der rechte, heute noch stehende Bau diente als Gemeindehaus mit Verwaltungs- und Versammlungsräumen. Im linken, schmäleren Gebäude befanden sich Räume für den Rabbiner und den Kantor, während im Untergeschoss die Wohnung des Synagogendieners war.

Das Innere der Synagogo
Bild: AKJB

Synagoge für den täglichen Gebrauch
Bild: AKJB

Grundriss der Synagoge
Bild: AKJB

In der Nacht von 9./10. November 1938 wurde die Synagoge von SA-Männern und Nazianhängern zerstört und brannte aus.

Nach dem 2. Weltkrieg gehörte das Grundstück mit der Ruine zunächst dem Binger Winzervereins, der den erhaltenen rechten Teil des Gebäudes als Weinlokal nutzte. 1962 kaufte die Stadt Bingen das Grundstück und ließ 1970 die Ruine mit der damals noch vorhandenen Ostfassade abreißen. Heute stehen noch ein Turm und der rechte Seitenflügel, der ehemaligen Synagoge.

1983 wurde eine Gedenktafel zur Erinnerung an die ehemalige Synagoge angebracht und es befindet sich im ersten Stock ein Erinnerungs- und Gedenkzentrum.

Weitere Informationen zur Synagoge in der Rochusstraße:

Film zur Synagoge in der Rochusstraße

Der nachfolgende Film zeigt einen virtuellen Rundgang durch die Synagoge in der Rochusstraße.

Virtuelle Rekonstruktion

  • Architektur Virtualis, Kooperationspartner der TU Darmstadt

  • Marc Grellert, Egon Heller, Hristo Kunchev, Marcel Forberg

Bildnachweis

  • Karl Berrenberg

  • Stadtarchiv Bingen

  • Günter Kleinz, Slg. Stadtarchiv Bingen

  • Heinz Zell, Slg. Stadtarchiv Bingen

  • Hermann-Josef Gundlach

Unser Dank geht an

  • Die Baupläne verdanken wir dem Stadtbauamt Bingen

  • Dieses Projekt wurde vom Landkreis Mainz-Bingen im Rahmen der Ehrenamtsförderung gefördert. Hierfür bedanken wir uns bei Frau Landrätin Dorothea Schäfer.

Für finanzielle Unterstützung bedanken wir uns bei

  • Dr. Peter Frey, Mainz und der Körber-Stiftung

  • Jan Rickel, Immobilien, Bingen

  • Löwen Entertainement, Bingen

  • Mainzer Volksbank, Bingen

  • Sparkasse Rhein-Nahe, Bingen

  • sowie bei Veronika Köhler, Dr. Thomas Hilberath, Egon und Ursula Weiss, Anna Rushing, Elisabeth Rushing, Ursula Fleck, Gabriel Ohler, Monika Stegmann, Dr. Detlef Audi, Gunther Fell, Brigitte und Joachim Giesbert, Wilhelm und Karin Blum, Beryll Schäfer, Uta Hock, Klaus Ost, Andrea Wolz, Peter Daumen, Hans-Joachim Hoffmann